Aurelius Augustinus

Die Welt ist ein Buch. Wer nicht reist, sieht nur eine Seite davon.
~Aurelius Augustinus~

Dienstag, 16. Mai 2017

Work & Travel Nica-Style

Zurück in León schien bereits alles soweit, dass ich meine Stelle als Freiwillige im Poco a Poco Hostel antreten konnte. Sie hatten mir ein Bett reserviert und schon geplant, wann und wie ich die ersten Tage arbeiten würde. Leider musste ich mich kurz vorher noch um etwas ziemlich Unschönes kümmern. Und zwar war meine EC-Karte geskimmt worden. Heisst, jemand hat meine Kartendaten ausspioniert als ich zuletzt in San Juan del Sur Geld abgehoben habe.
 

Manipulierte Geldautomaten in San Juan del Sur


Ich dachte, der Automat wäre sicher. Schliesslich befindet sich dieser im Bereich eines Hotels und wird von einem Sicherheitsmann bewacht. Jetzt muss ich leider sagen, dass dieser die Manipulation des Geldautomaten nicht mitbekommen hat oder selbst mit drin hängt. Beides ist sehr gut möglich. Ich muss aber auch ehrlich sagen, dass ich in diesem Fall auch gar nicht den Automaten überprüft habe. Ziemlich ärgerlich. Obwohl mir einige gesagt haben, dass es schwierig zu erkennen sei, ob der Automat manipuliert sei. 

Auf jeden Fall ist es bei mir so, dass jedes Mal, wenn ich Geld abhebe, ich eine Email über den abgehobenen Betrag erhalte. So auch dieses Mal. Nur dass eine halbe Stunde später eine weitere Mail mit einem anderen Betrag eintraf. Ich loggte mich im E-Banking ein um dies zu Überprüfen und sah dort ebenfalls die Abhebung, die sicher nicht von mir stammte. Ausserdem bemerkte ich, dass meine EC-Karte als gesperrt vermerkt war. Toll! Wenn die Karte einmal gesperrt ist, kann sie nicht wieder aktiviert werden. Es muss ein Neue her. Panik kam auf. Ich hatte noch über vier Monate Reise vor mir. Ich brauchte doch eine EC-Karte.

Natürlich kommt mir grad eine Lösung in den Sinn. Anja erhält meine Post in der Schweiz und kann mir die EC-Karte nach Nicaragua weiterleiten. Ich würde die nächsten vier Wochen sowieso im Hostel in León sein und hatte damit eine Adresse für einen längeren Zeitraum. Sophie meint noch, dass es wirklich rund einen Monat dauern könnte bis die Post aus Europa bei uns ankommen würde. Tja, und was soll ich sagen. Es ging tatsächlich über vier Wochen und als die Karte endlich ankam war ich bereits weitergereist und musste dafür zurückkommen.
 

Es warten jede Menge neue Aufgaben


So begann ich also meine Stelle im Poco a Poco Hostel, was eine neue Erfahrung war, wenn auch nicht völlig. Hauptsächlich sollte ich an der Rezeption tätig sein, aber es gab auch andere Aufgaben, die anstanden. Zuerst wurde ich eingewiesen, alle wichtigen Aufgaben im Hostel wurden mir erklärt und ich lernte, mit welchen Systemen ich arbeiten würde, um die Buchungen zu erfassen. Alles ziemlich gut verständlich. Naja, wenn man die Tatsache ignoriert, dass der Laptop, an dem ich arbeiten sollte, auf Niederländisch eingestellt war. 

An der Rezeption einer Unterkunft habe ich bisher noch nicht gearbeitet, und jetzt sollte dies meine Hauptaufgabe werden. Buchung annehmen und verarbeiten, Gäste empfangen, einchecken und herumführen sowie einfach für alle Fragen, die dem Durchschnittsreisenden in den Sinn kommen, eine Antwort parat haben. Wo kann man gut und günstig essen? Wo ist eine Wäscherei (Post, Supermarkt, Apotheke etc.)? Was muss man hier gesehen haben? Ausserdem sollte ich Touren und Shuttles verkaufen. Schliesslich erhielt ich einen Teil der Kommission. 




Nach den ersten paar Stunden rauchte mir schon der Kopf und Sophie hatte sich wahrscheinlich den Mund fusselig geredet. Ich konnte nicht anders als mir Notizen zu machen. Es hatte nämlich noch andere Aufgaben, die je nach Tageszeit nebenher zu erledigen waren. Dazu gehört unter anderem am Abend die Lichter anknipsen oder den Garten bewässern. Eine Daueraufgabe war es den Kühlschrank mit Getränken zum Verkauf aufzufüllen. Es gab viele Kleinigkeiten, um die ich mich kümmern musste. Aber schlussendlich trugen diese dazu bei, dass die Gäste sich besonders wohl bei uns fühlten. 

Naja, dazu gehört dann auch bei brütender Hitze am Mittag den Springbrunnen mit einer Bürste abzuschruben. Was man nicht alles tut für ein kostenfreies Bett und Frühstück. Zum Glück musste ich das ganze nur einmal machen. Das hat mir aber auch gereicht. Mit Bürste und Reinigungsmittel bewaffnet stand ich im Brunnen und schrubte am Stein, um den grünen Glibber wegzubekommen. Nach einer Stunde sah ich aus als wäre ich quer durch eben diesen Glibber gekrochen. Hose, Shirt, Beine, Arme und Gesicht waren voller grüner Spritzer und ich brauchte erst einmal eine Dusche.
 

Verantwortlich für die Cocktail Night


An verschiedenen Tagen in der Woche veranstaltet das Hostel etwas für die Gäste. Donnerstags ist zum Beispiel immer Cocktail Night. Dies wurde schnell zu meiner Aufgabe. Ich mixe schliesslich gerne Drinks. Es gab immer Mojitos und Cuba Libres zu jeweils 1 Dollar. Am Nachmittag erledigt ich hierfür den Einkauf, besorgt somit Eis, Limetten und Minze, Cola und Soda, ausserdem natürlich weissen und dunklen Rum in grossen Flaschen. Sobald ich alles in die Küche des Hostels geschleppt hatte, bereitete ich meine Bar vor. In der Küche hat es einen Tresen, der sich perfekt dafür eignet. 

In der Regel war es so, dass immer mehr Gäste in den Aufenthaltsbereich kamen, je später der Abend wurde. Und ich brachte fleissig meine Drinks an den Mann (und die Frau natürlich). Dabei mixte ich die Cocktails grundsätzlich mehr nach Gefühl als nach Rezept. Aber die hohe Nachfrage nach meinen Drinks gab mir Recht. Alles bestens. Zumindest für die meisten Gäste. Ein paar Gäste beschwerten sich, dass meine Mischung zu stark war. Hier muss ich noch dazu sagen, dass es sich dabei ausschliesslich um männliche Zeitgenossen handelte. Kein Kommentar!

Der erste Abend, an dem ich die Cocktails mixte, war ein voller Erfolg. Ich hatte so viele Drinks verkauft, dass ich weder Eis noch Minze oder Soda hatte. Wout freute sich ein Loch in den Bauch und zählte gleich nach, wie viele Cocktails ich notiert hatte. Es war etwas über 50 und er kriegte sich gar nicht mehr ein. An den nächsten Donnerstagen versuchte ich jeweils den Rekord zu brechen. Meine Bestzahl war schlussendlich 77. Ich denke, dass habe ich gut gemacht. Es war irgendwie cool für ein paar Stunden die Woche eine eigene kleine Bar zu schmeissen. 





An einer dieser Cocktail Nights habe ich zum Ende hin auch Jonas kennengelernt. Er kommt aus Utrecht und kennt Sophie schon seit einigen Jahren. Er ist nach León gekommen, um zu sehen, was seine Freunde sich dort aufgebaut haben und wie es für sie läuft. Für mehrere Monate reiste er durch Zentralamerika und für ein paar Tage hat er auch im Poco a Poco übernachtet. Da hatte ich schon mehrmals mit ihm geredet. An der Cocktail Nacht, als alle schon gegangen waren, um im Salsa Club das Tanzbein zu schwingen, kam er noch zu mir an die Bar, während ich aufräumte. Erst wollte er mich überreden, mit in den Club zu kommen. Nachdem ich aber dankend ablehnte, begnügte er sich damit, mir bei meinem Feierabenddrink Gesellschaft zu leisten. Wir blieben eine Weile an der Bar, meiner Bar, und unterhielten uns ziemlich gut über alles mögliche. Zwischendrin kamen noch andere Hostelgäste oder Wout und Sophie hinzu.
 

Ich brat euch dann mal ein paar Eier


Im Poco a Poco Hostel gibt es jeden Morgen Frühstück für 1 Dollar. Das sind abwechselnd Eier mit Toast und Pfannkuchen mit Sirup. Beides superlecker und selbstgemacht. Sonst haben Sophie und Wout sich diese Aufgabe immer geteilt, sie machte die Eier und er die Pfannkuchen. Dann fragte sie mich, ob ich nicht mal Eier zum Frühstück für die Gäste machen wollte. Klar, dachte ich. Warum auch nicht. Spiegel- und Rührei krieg ich hin, Omelette kann ich lernen. Gesagt, getan. Ab diesem Tag übernahm ich die eine oder andere Frühstücksschicht. 




Ausserdem habe ich einmal die Quiz Night gemacht. Die Gäste bilden Gruppen und beantworten im Team Fragen, die wir im Vorfeld schön auf PowerPoint vorbereitet haben. Zu gewinnen gibt es eine Flasche Rum. Die Fragen sind in der Regel nicht ganz einfach, es gibt aber immer vier Antworten zu Wahl, nur eine ist dabei richtig (multiple choice). Aber das hat mir eher weniger Spass gemacht. Obwohl das auch an der damaligen Gruppe Menschen im Hostel gelegen haben kann.
 

Alter, wo ist mein Handy?


Naja, und als wäre das mit der EC-Karte nicht genug gewesen, wurde mir dann noch mein Handy geklaut. Der absolute Horror. Ich hatte es immer neben mir auf dem Bett liegen, während ich nachts friedlich in meinem Hostelbett schlief. Doch eines Morgens wachte ich auf und es war nicht mehr da. Es war einfach weg. Erst dachte ich, es wäre runtergefallen. Ich suchte alles um das Bett herum ab, aber es blieb verschwunden. Danach glaubte ich, es könnte bei Maggie im Bett gelandet sein. Sie war auch Freiwillige im Hostel und schlief unter mir im Bett. Doch als sie aufwachte und ebenfalls wie blöd nach ihrem Handy suchte, war klar, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Was war also passiert?

Es ist so, dass das Poco a Poco Hostel einen Nachtwächter hat, der die Nacht über auf das Hostel aufpassen soll. Damals ein älterer Mann namens Pedro. Die Tür wird abgeschlossen, die Gäste können aber trotzdem ein und aus gehen. Der Nachtwächter hat dafür ein Liste, mit den Namen aller Gäste. Reingelassen wird nach 23 Uhr nur jemand, der auf der Liste steht. Soweit die Theorie. In jener Nacht lief es leider ganz anders. 
Ich hatte meine Spätschicht beendet und ging irgendwann gegen Mitternacht ins Bett. Ich wusste, dass viele andere noch irgendwo in der Stadt unterwegs waren und spät zurückkommen würden. Ich hoffte nur, sie würden mich nicht wecken. Taten sie nicht, ich schlief tief und fest. Leider. Sonst hätte ich wohl bemerkt, wie mir jemand, der nicht ins Hostel gehört, mein Handy klaute. 

So wie Pedro es uns versucht hat am nächsten Morgen zu erklären, hat es sich wohl wie folgt abgespielt. Einer der Typen aus meinem Zimmer ist ziemlich voll zum Hostel zurückgekommen und hatte einen anderen Typen dabei. Pedro dachte, die beiden gehören zusammen und liess sie herein. Dies war aber eine falsche Annahme. Der zweite Typ gehörte nicht ins Hostel und wollte sich nur Zutritt verschaffen, um etwas mitgehen zu lassen. Der Betrunkene ging sofort ins Bett und kümmerte sich natürlich nicht darum, was der andere tat. Am frühen Morgen ist er dann mit zwei Handys und einem Portemonnaie entwischt.
 

Auf der Polizeiwache in Nicaragua


Eine ziemlich abgefuckte Geschichte, genau. Und jetzt versucht das mal auf Spanisch einem nicaraguanischem Polizisten zu erklären, der bei der Hitze in León eh kein Bock hat auch nur den kleinen Finger zu rühren. Das stand nämlich mir und Maggie bevor. Es war eine Odyssee, an dessen Ende wir einen Polizeibericht in der Hand hielten, der uns sowieso nicht weiterhalf. Erst waren wir an der falschen Polizeiwache. In León geht es nämlich nach Bezirken und es muss sich immer das Polizeibüro kümmern, in dessen Bezirk das Delikt passiert ist. Wir gingen also zum richtigen. Dort empfing uns ein fetter Typ hinter einem abgewetzten Schreibtisch in einem winzigen Raum. Wir nahmen auf den alten Plastikstühlen (genau, wie die im Garten) Platz und fingen mit unserer Geschichte an. 

Der Polizist tippte alles in Zeitlupe in den Computer und nahm unsere Personalien auf. Zwischendrin schaute er immer wieder auf sein Handy, quatschte mit irgendeinem dahergelaufenen Kerl, der mir nichts dir nichts reinplatzte, oder stand plötzlich auf und ging raus. Einfach so, mittendrin und ohne Kommentar. Es war doch echt unglaublich. Nach einer gefühlten Ewigkeiten hatte er die beiden Blätter endlich gedruckt. Dann erklärten sie uns aber, sie müssten die im Hauptministerium unterschreiben lassen. Da müsste aber einer von ihnen mit dem Motorrad hingehen und es würde rund eine Stunde dauern. Schlussendlich warteten wir sicherlich mehr als eine Stunde. Es war wirklich ein unbefriedigendes Gefühl.

Ich habe natürlich einige Bilder von der Reise verloren, die ich nie wieder zurückbekommen kann. Glücklicherweise habe ich oft auf Instagram gepostet und kann zumindest diese Bilder runterladen und speichern. Ausserdem habe ich alle Kontakte verloren. Ich musste viele meiner Leute über Facebook kontaktieren und sie nach ihren Nummern fragen. Dazu kommt, dass die Simkarte mit meiner Schweizer Nummer weg ist und ich so mein altes Whatsapp nicht mehr nutzen kann. Das läuft jetzt über eine Nummer aus Nicaragua. Es ist alles halb so wild, aber ich hätte auf diese Erfahrung auch verzichten können.
 

Auch eine Freiwillige hat freie Tage


An meinen freien Tage habe ich immer versucht etwas zu unternehmen, um nicht einfach nur immer im Hostel rumzuhängen. Das hat mehr oder weniger auch ganz gut geklappt. Ich bin für den Tag nach Las Penitas an den Strand gefahren oder habe eine Wanderung auf einen Vulkan unternommen. Danach habe ich mir überlegt, dass ich meine freien Tage besser planen könnte. Ich dachte mir, dass ich auch mal über Nacht wegfahren könnte, um richtig Abstand gewinnen zu können. Es ist nämlich nicht immer leicht gewesen, dort zu wohnen, wo man auch arbeitet. Denn obwohl man frei hat, ist man immer noch auf der Arbeit. Die Gäste stellen einem trotzdem Fragen und man hilft schnell mal aus. 

Ich wäre ja nicht ich, wenn ich nicht grad mit einem super Plan um die Ecke kommen würde. Ich klüggelte etwas aus und verhandelte mit Sophie um die freien Tage. Wenn man ständig von so vielen Leuten umgeben ist, die rumreisen, schnappt man oft etwas auf, das einen selbst interessieren könnte. So hatte ich von vielen Gästen gehört, dass sie in der Surfing Turtle Lodge waren oder dort hingehen würden. Ausserdem waren Mitarbeiter von dort für eine Nacht bei uns und ich mixte ihnen Cocktails. An einem Wochenende wollte ich also in die Surfing Turtle Lodge. Dann hatte Maggie mir von Jiqulillo und ihrer tollen Zeit dort erzählt. Also kam das auch auf die Liste.
 

Eine lange Reise zu einem abgeschiedenen Ort


Die Surfing Turtle Lodge ist nicht gerade gut erreichbar. Sie befindet sich am Strand und es führt kein Weg mit einem motorisierten Fahrzeug hin. Um dort hin zu gelangen fahre ich erst mit dem Chickenbus zum Strand von Poneloya. Dort suche ich eine bestimmte Bar auf, um nach dem Boot über den Fluss zu fragen. Ein kleiner Nicaraguaner bringt mich dann mit einem winzigen Boot die paar Meter über den Fluss. Zusammen mit den Frauen, die ebenfalls im Boot waren, steige ich aus und er fährt wieder davon. Ich frage die Frauen, ob sie mir sagen können, wie ich zur Surfing Turtle Lodge gelange. Dabei stellt sich heraus, dass sie dort arbeiten und ich mit ihnen mitgehen kann. Es sind rund 20 Minuten zu Fuss, meinte sie.

Während eine der Frauen Musik über ihr Handy laufen liess und lauthals mitsagt, gingen wir langsam den Weg durch das Getrüpp zum Hostel. Bald schon sah ich die ersten Gebäude und uns kam ein Pferdekarren mit einem Haufen Rucksäcken entgegen. Dahinter liefen die ganzen Backpacker in Richtung Fluss. Dies waren all die Leute, die abreisten. Man muss also nicht mit seinem Gepäck laufen, sondern kann es mit dem Pferdekarren vorschicken. Für mich machte dies keinen Unterschied, ich hatte sowieso nur einen kleinen Rucksack für das Wochenende dabei. 

Als ich endlich ankam, verstand ich sofort, was die Leute so cool an dem Ort finden. Er liegt mitten im Nirgendwo, direkt am Strand. Links und rechts findet sich nichts mehr als öde Wildnis. Das Hostel verfügt über ein Küche, die gutes Essen zu Frühstück, Mittag- und Abendessen serviert. Dazu gibt es eine Bar für Bier und andere Drinks. Es gibt auf dem Gelände jede Menge Hängematten und am Strand stehen vereinzelt grosse Sonnenschirme. Das Highlight an diesem Ort ist aber die Schildkrötenaufzucht. Von Einheimischen kauft die Surfing Turtle Lodge Schildkröteneier und behält sie dann geschützt in einem Gehege bis sie schlüpfen. Wenn es soweit ist, werden die kleinen Babyschildkröten in die Wildnis frei gelassen. Eine ziemlich gute Sache. Leider kam ich an einem Wochenende zwischen ein paar Schlüpfterminen. 

Den Tag verbrachte ich in der Sonne, las mein Buch oder schwamm mit ein paar anderen Hostelbewohnern im Meer. Sie sagten nur, man sollte vorsichtig sein, wenn man ins Wasser geht. Manchmal hat es Rochen am Boden, die zustechen können, wenn sie sich bedroht fühlen. Also immer schon über den Meeresboden schlurfen, damit sie frühzeitig gewarnt sind. Während ich also dort am Strand meine Zeit weg vom Hostel genoss, meldete sich Jonas bei mir. Er hatte am nächsten Tag vor auch an den Strand zu kommen. Da ich sowieso nur eine Nacht in der Surfing Turtle Lodge geplant hatte, machten wir ab, den Nachmittag des nächsten Tages in Las Penitas zu verbringen. Er wollte mit seinem Mietwagen von León aus hinkommen.

Am Abend wurde es noch ziemlich lustig in der Surfing Turtle Lodge. Es gibt natürlich keine Stromleitung, die zum Hostel führt und sie sind auf Sonne angewiesen, um genügend Strom zu produzieren. Leider war es die letzten paar Tage sehr bewölkt gewesen und ab um 21 Uhr hatten wir absolut keinen Strom mehr. Wir sassen im Dunkeln und alle holten ihre Taschenlampen hervor. Ich hatte zum Glück meine Stirnlampe am Start. Gut, dass ich die gekauft hatte. Wir machten ein Lagerfeuer am Strand und tranken dort noch ein paar Bier, während wir die Sterne anschauten. Wirklich ein cooler Ort, auch wenn es keinen Strom hat.






Ein Nachmittag am Strand mit Jonas


Gegen Mittag am nächsten Tag brach ich von der Surfing Turtle Lodge auf. Hätte ich gewusst, was das für eine lange Reise wird, wäre ich sicher eher los. Also, erst einmal zum Fluss laufen. Dort das Boot nehmen und wieder zur Bushaltestelle laufen. Leider stand ich dort und es kam und kam kein Bus. Ich entschied also, ein Stück zu laufen. Irgendwann tauchte neben mir plötzlich ein Typ mit einem Velotransporter auf. Er bot mir an, mich mitzunehmen. Warum nicht, dachte ich. Ich setzte mich auch die winzige Ladefläche und er radelte los. 

Bis wir in Las Penitas ankamen, dauerte es eine ganze Weile und er tat mir ziemlich leid, wie er da verschwitzt und ausser Atem auf seinem Velo sass. Aber er bestand darauf mich weiterhin mitzunehmen. So nahm ich dankend an. Ich war sowieso schon ziemlich spät dran. Jonas und ich waren schon vor einer Stunde verabredet gewesen und ich hoffte, dass er noch da war. Nachdem ich mich im Internet eingeloggt hatte, konnte ich ihm schreiben und wir fanden uns endlich. Ich glaube, dies hält er mir noch heute vor. Er dachte doch glatt, ich hätte ihn versetzt. 

Den Rest des Nachmittags verbrachten wir am Strand, wir tranken ein paar Bierchen, schwammen im Meer und quatschten über Gott und die Welt. Er erzählte mir von dem Unternehmen, das er gegründet hatte, welches ihm ziemlich viel Freiheit bietet. Er ist IT Freelancer und hat im letzten Jahr ein paar gute Kunden an Land gezogen. Da er zum Arbeiten nur seinen Laptop und Internet braucht, kann er von unterwegs aus arbeiten. Aus diesem Grund konnte er auch einfach mal für ein paar Monate verreisen. Allerdings stieg das Arbeitsvolumen stetig, so dass nicht klar war, wie lange er noch reisen konnte. Es war ein toller Tag und wir verstanden uns wirklich gut.
 

Jiquilillo und die Rancho Esperanza


Für das folgende Wochenende hatte ich extra einen Tag mehr frei bekommen, denn ich wollte nach Jiqulillo am Meer nördlich von León. Da es eine Anreise von drei bis vier Stunden war, lohnte es sich ein paar Tage mehr zu bleiben. Mir wurde die Rancho Esperanza empfohlen und ich buchte, ohne gross zu recherchieren. Was ich gehört hatte, klang super und nach einem einmaligen Ort. Jonas war in der Zwischenzeit nach Granada gereist, hatte aber Interesse mich nach Jiquilillo zu begleiten. Ich buchte für uns beide und er kam rechtzeitig aus Granada zurück. Gemeinsam fuhren wir mit dem Mietwagen zur Rancho Esperanza. 

Ich sollte hier eventuell noch erwähnen, dass es sich bei dem Mietwagen, den Jonas fuhr um einen Toyota Hilux handelte. Ein Riesenauto. Als Jonas von Costa Rica nach Nicaragua kam, hatte er ein paar Probleme an der Grenze und als er bei der Autovermietung ankam, hatten sie das für ihn reservierte Auto bereits weitervermietet. Ein anderes Auto in der von ihm gebuchten Klasse war nicht verfügbar, also waren sie gezwungen, ihm zu geben, was sie noch hatten, ohne Mehrkosten berechnen zu können. Und so kam er zu dem Toyota Geländewagen. 

Nun sassen wir also im äusserst komfortablen Toyota Hilux und fuhren Richtung Norden. Der Grossteil der Strecke geht über eine gut ausgebaute Strecke. Das hatte ich zu Beginn von Nicaragua gar nicht erwartet, aber bereits kurz nach der Einreise feststellen müssen. Nur der letzte Abschnitt direkt ins Dorf von Jiquilillo führt über eine Schotterpiste. Hier kam der Hilux voll zum Einsatz. Jonas bretterte über die Staubstrasse, vorbei an Kühen und Einheimischen auf Velos. Innerhalb kürzester Zeit hatten wir die Rancho Esperanza erreicht. 





Kleine Holzhütten mit Freiluftbadezimmern


Da ich von uns beiden die Reiseexpertin bin, hatte ich mich wie gesagt um die Buchung der Unterkunft gekümmert. Irgendwie hatte ich vor unserer Ankunft aber nicht wirklich eine Ahnung, auf was ich mich da eingelassen hatte. Jonas sagte ein paar Tage vorher noch etwas über Komposttoiletten. Bitte was? Kenne ich nicht und habe ich auch nichts von gelesen. Tja, Recht hatte er. Genau das erwartete uns in der Rancho Esperanza. Dem Wochenende tat das aber keinen Abbruch. 

Nachdem wir also mit dem Hilux vorgefahren waren, wurden wir gleich von Nate, dem Besitzer, empfangen und herumgeführt. Er hat wirklich einen tollen Ort geschaffen. Über ein relativ grosses Areal sind mehrere kleine und grössere Hütten verteilt, einige davon haben eigene Bäder. Auch unsere Cabana hatte ein eigenes Bad, mit erwähnter Komposttoilette und Dusche im Freien. Ausserdem hatten wir einen kleinen Unterstand neben der Hütte, wo wir zwei bequeme Hängematten aufhängen konnten. 





In der Mitte des Geländes hat es einen grossen überdachten Gemeinschaftsbereich, wo Essen serviert wird und es jede Menge Bücher und Spiele zum Zeitvertreib gibt. Hier stehen auch die Surfbretter, die man mieten kann. Die halben, in der Mitte gebrochenen Surfbretter können gratis als Bodyboards genutzt werden. Wenn man nämlich das Gelände überquert, gelangt man ziemlich schnell an den Strand. Der eignet sich bestens für Surfen, Bodyboarding, Sonnenbaden und Lagerfeuer. Ausserdem kann man jeden Abend bei einem kühlen Bier den Sonnenuntergang anschauen, während ein paar Einheimische am Strand Fussball spielen. 

Wir hatten wirklich eine gute Zeit in Jiquilillo. Wir mieteten Surfbretter und Jonas stand mehr oder weniger seine erste Welle. Mit den Bodyboards ritten wir bei Ebbe die weissen Wellen bis vorne an den Strand. Wir gingen schwimmen, sonnten uns und suchten im feuchten Sand nach Sanddollars. Abends schauten wir den Sonnenuntergang und gingen nachher zum allabendlichen Rancho Esperanza Familienabendessen. Alle assen gemeinsam zum Abend das Gericht des Tages - wie eine Familie. Und natürlich chillten wir ganz viel in unseren Hängematten. 





Kurz danach entschieden wir nach meiner Zeit im Poco a Poco Hostel noch etwas gemeinsam zu reisen. Ich musste meinen Weg runter nach Panama-Stadt machen und Jonas war frei zu tun, was er wollte. Er hatte nur nicht unbegrenzt Zeit. Gut eine Woche nach unserem Aufenthalt in Jiquilillo sollte es losgehen. Es wurde also bald Zeit sich von der Poco a Poco Familie zu verabschieden. Ich hatte insgesamt eine gute Zeit hier und bin sehr froh, dass ich diese Erfahrung machen konnte. Die Leute, die ich dabei kennengelernt habe, sind wunderbare Menschen. 

Und falls ihr mal in Leóń in Nicaragua seid, schaut doch im Poco a Poco Hostel vorbei, wenn auch nur für die Cocktail Nacht. Und vergesst nicht, Wout und Sophie einen ganz lieben Gruss von mir auszurichten. 



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