Aurelius Augustinus

Die Welt ist ein Buch. Wer nicht reist, sieht nur eine Seite davon.
~Aurelius Augustinus~

Donnerstag, 27. April 2017

Guatever - zum Dritten

Der Acatenango war also bezwungen und wir mega stolz auf unsere Leistung. Anschliessend sollte es weitergehen an den Lago de Atitlán, der zweitgrösste See in Guatemala. Zufälligerweise hatte die ganze Gruppe das gleiche Datum ins Auge gefasst, um an den See zu fahren. Erstes Ziel war der beliebte Backpacker-Ort San Pedro. Hier gibt es jede Menge Party, und das stand für meine Reisegspänli auch zuoberst auf der Prioritätenliste. Sie hatten sich deshalb auch schon im Vorfeld in die Partyhochburg schlechthin eingemietet. Mich machte das so gar nicht an. Ich hatte mich für eine andere Unterkunft entschieden. In die Bar vom Partyhostel konnte ich schliesslich jederzeit gehen, wenn ich die anderen sehen wollte. Soweit unsere Pläne. 


Gruppe Acatenango entert San Pedro La Laguna


Gemeinsam nahmen wir ein Shuttle von Antigua nach San Pedro und kamen dort bereits gegen Mittag an. Die Fahrt ging ziemlich schnell vorüber und die Aussicht auf den See war auf den letzten Kilometern den Hang hinab einfach traumhaft. Wir machten keine grossen Pläne, San Pedro ist so klein, dass wir uns sowieso früher oder später über den Weg laufen würden. Nachdem ich mein Hostel bezogen hatte, bin ich etwas durch den Ort geschlendert und habe dabei prompt einen der Jungs, den David aus Australien, wiedergetroffen. Wir entschlossen uns zu einem Spaziergang kreuzundquer, um das Zentrum auszukundschaften. 

Sobald man im Ort nämlich die Haupttourimeile verlässt, findet man ein echtes Dorf mit lokaler Bevölkerung vor. Es geht bergauf, bergab, um zahlreiche Ecken und durch verwinkelte Gassen; unterwegs begegnet man Marktfrauen und Schulkindern. Wir haben im Gewimmel noch eine kleine, sehr gute und günstige Bäckerei entdeckt. Das hat mir an San Pedro besonders gut gefallen und mir gezeigt, dass es eben nicht nur ein Partyort ist. Auch wenn ich zugeben muss, dass die Party eindeutig im Vordergrund steht. Bier und Drinks sind überall ziemlich günstig und die eine oder andere Happy Hour beginnt bereits um 14 Uhr. 

David und ich haben uns dann auch bereits vor 16 Uhr ein Bierchen gegönnt, in der Literflasche selbstverständlich. Danach sind wir zur Bar des Partyhostel, um die anderen zu treffen. Es wurde noch ein richtig lustiger Abend. Irgendwann sprang David plötzlich auf und lief davon, um einen Typ zu begrüssen, der soeben mit dem Velo ankam. Dabei handelte es sich um den Deutschen Janosch, der mit dem Velo quer durchs Land reist, von den USA durch Mexiko nach Guatemala. Und dabei haben die beiden Jungs sich kennengelernt. Wie ich nun weiss, gibt es da eine riesige Community von Leuten, die mit dem Fahrrad die verschiedensten Länder der Erde bereisen. Ziemlich cool! Janosch gesellte sich dann noch zu uns. 






Wow, was für eine atemberaubende Aussicht!


Ich wollte natürlich nicht nur Party machen. Man kann in der Gegend nämlich noch einen Vulkan besteigen. Der gleichnamige Vulkan San Pedro ist mehr oder weniger der Hausberg des Dorfes. Er ist knapp 3'000 Meter hoch und definitiv die Wanderung wert. Am Morgen, nicht allzu früh, wollte ich losziehen. Natürlich fragte ich all meine neuen Wanderfreunde, ob sie mich nicht begleiten wollen. Die Mädels lehnten gleich ab, die Jungs stimmten zu meiner Überraschung alle zu. Im Laufe des Abends und mit wachsendem Bierkonsum, wich die anfängliche Euphorie einer eher gespaltenen Haltung zu meinem Vorschlag. Irgendwann verabschiedete ich mich ins Bett und von alle drei sagten nur "wenn ich bis dann und dann nicht da bin, geht ohne mich".

Natürlich kann sich jetzt jeder vorstellen, was am nächsten Morgen war, gell?! Genau, ich fuhr allein ab. Zum Anfang des Weges nahm ich ein Tuktuk, zahlte am Eingang das Eintrittsgeld und marschierte mit Guide und zwei Amerikanern ab. Der Guide begleitete uns nur die ersten 20 Minuten, beschrieb uns dann noch kurz den Weg und machte sich davon. Die zwei Amis stoppten ständig, so dass ich mich dann auch bald von ihnen verabschieden musste. Kleine Bemerkung vorab, sie erreichten den Gipfel eine Stunde nach mir. Ich sass da immer noch dort und genoss die Aussicht. 

Die Wanderung war anstrengend, aber ich kam gut voran. Ich bin ziemlich langsam gelaufen, habe dafür aber kaum eine Pause gemacht. Ich habe gemerkt, dass dies für mich besser ist. So komme ich in einen guten Rhythmus und bin weniger schnell kaputt. Da muss ich jetzt auch dazu sagen, dass ich auch viele Leute überholt habe. Viele von denen waren mit richtigen Tourguides unterwegs, die sie bis zum Gipfel begleiteten. Der Weg ist mitunter ziemlich steil und führt mehrheitlich durch den Wald. Zu Beginn kommt man noch an kleinen Kaffeeplantagen oder Maisfeldern vorbei. Dabei kann man noch auf den See und das Dorf selbst sehen. Ausserdem gibt es noch einen Mirador, einen Aussichtspunkt auf halber Strecke. 

Ahja, und was es kurz vorm Gipfel gibt: einen Geocache! Jep, auch auf einem Vulkan in Guatemala bin ich mitten durch den Busch gekrochen, um eine Dose zu finden. Und ich habe sie gefunden. In dem Moment war ich auch sehr froh, dass die drei Jungs nicht dabei waren. So konnte ich meinen kleinen Triumpf ungestört feiern. Danach waren es nochmals rund 15 Minuten bis ich am Gipfel war und der ganze Weg führte weiterhin durch den dicht bewaldeten Dschungel. Deshalb ahnte ich bis zuletzt nicht, welche Aussicht mich da erwartete. 

Was für eine Belohnung für all die Mühe beim Aufstieg das war. Ich kam um die Ecke und unter mir erstreckte sich urplötzlich diese riesige See. Die Jungs verpassten eindeutig etwas. Obwohl, nicht alle... Während ich dort so sass und die Aussicht auf mich wirken liess, kam doch tatsächlich Janosch angesprintet. Er hatte verschlafen und war eine Stunde nach mir gestartet. Wir sassen oben noch etwas zusammen rum, machten ein paar Bilder, genehmigten uns den einen oder anderen Snack und stiegen dann zusammen runter. 





Auf geht's in das Hippie-Dorf am See


Schon vorher haben mir immer alle von San Marcos erzählt, ein anderes Dorf am See. Es gilt als eines der schönsten Dörfer am See und als spirituelles Zentrum. Es gibt unzählige Ort, die Yoga und Massagen anbieten, man kann problemlos vegetarisch essen gehen und am Abend einem Trommelkreis beiwohnen. Für ein paar Nächte wollte ich dorthin gehen, um zu schauen, ob es mir auch gefallen würde. Ich war mir da nämlich nicht so sicher. Alle hatten mir empfohlen ins Hostal del Lago zu gehen. Dort ist es aber schwierig ein Bett zu bekommen. Sie nehmen keine Reservationen an. Man taucht einfach auf und fragt nach der Verfügbarkeit. Sobald man ein Bett ergattert hat, kann man bleiben solange man will. Vorausgesetzt man gibt bis zur Check-out Zeit Bescheid. An sich ein gutes Konzept, man muss eben einfach Glück haben. 

Ich kam dort gegen Mittag an und hatte bereits keine Chance auf ein Bett. Der mehr oder weniger nette Typ an der Rezeption teilte mir und der Israelin, die mich begleitete, mit, dass wir da schon früher kommen müssten. Ab um 8 Uhr am Morgen kommen die ersten Leute und lassen sich auf die Liste schreiben. Anhand dieser Liste werden die freiwerdenden Betten anschliessend verteilt. Wir wären aber herzlich willkommen, dort abzuhängen. Somit zogen wir mit unserem Gepäck weiter. Nebenan gab es noch eine sehr einfache Unterkunft und wir mieteten uns dort in ein Doppelzimmer ein. 

Den Rest des Tages verbrachten wir dann im Hostel del Lago. Wir gingen im See schwimmen, sonnten uns und tranken am Abend ein Bier. Eben, hier gab es dann auch den Trommelkreis. Ich kann das gar nicht beschreiben und ich will mich schon gar nicht darüber lustig machen. Es war einfach so anders und speziell. Und damit auch sicher nichts für jedermann. Wir kamen dort also an und die Leute sassen bereits im Kreis. In der Mitte des Kreises brannte ein Feuer. Naja, und sie trommelten. Jeder für sich und doch alle miteinander. Das Ganze ging dann mehrere Stunden. Irgendwann tanzten auch einige. Wir blieben gerne einfach Zuschauer. 

Es war ok, aber es hat mich nicht umgehauen. Eventuell wäre es anders gewesen, wenn ich ein Bett in eben diesem Hostel erhalten hätten. So hielt mich dann aber nicht viel in San Marcos. Allgemein hatte ich langsam das Gefühl, dass es Zeit wurde, Guatemala zu verlassen und weiterzuziehen. Nicht dass es nicht mehr zu sehen gehabt hätte, ich war nur schon drei Wochen dort. Ausserdem hatte ich eine Einladung zu einem 30. Geburtstag in Antigua erhalten. Janosch würde an dem folgenden Wochenende 30 Jahre alt werden und hatte vor mit einiger seiner Velofreunden zu feiern. Da wollte ich gerne dabei sein.  






Wir schwingen das Tanzbein in Antigua


Ich machte mich also wieder auf den Weg nach Antigua, um dort Janosch und seine Velofreunde zu treffen. Er feierte in seiner Unterkunft, gemeinsam kochte er mit ein paar der anderen ein feine Sachen, mit denen wir uns Fajitas machten. Sehr lecker. Dazu gab es jede Menge Bier. Später ging es auf in eine Bar, um noch eine Runde zu tanzen. Da ich wieder im Tropicana übernachtete und die einen speziellen Deal mit der Bar haben, hatten wir den ganzen Abend vergünstigte Drinks. Es lief viel Salsamusik und das Publikum bestand aus vielen Guatemalteken - was ein Spass. Alle waren gut drauf und es wurde ein gelungener Abend. Einer meiner letzten Abende in Antigua und allgemein in Guatemala. 

Ich hatte mich bereits entschieden, von Antigua aus ein Shuttle nach León in Nicaragua zu nehmen. Dies kostete mich rund USD 80, war es aber wert. Lange hatte ich überlegt von Guatemala-Stadt nach Managua zu fliegen, da die Tickets recht günstig waren. Allerdings wollte ich nach León, dass heisst ich hätte noch zwei zusätzliche Transfers benötigt. Von Antigua zum Flughafen Guatemala-Stadt und später noch einen von Managua nach León. Das machte alles komplizierter. Ausserdem helfen die Fahrer bei den Grenzübergängen, schliesslich gab es auf der Strecke drei Stück zu passieren. 


Mitten in der Nacht ging es los nach Nicaragua


Um 2 Uhr morgens sollte mich das Shuttle also im Hostel abholen, rund 20 Minuten vorher stand ich wie verlangt parat. Leider kam keiner. Erst dachte ich, dass würde schon passen, es läuft nicht alles so pünktlich ab wie daheim. Als nach rund 45 Minuten immer noch keiner da war, fragte ich den Nachtwächter, ob er es für mich abklären könnte. Nach einem kurzem Telefonat hiess es, sie wären unterwegs. Und tatsächlich, rund 20 Minuten später klopfte es und das Shuttle stand vor der Tür. Grund für die Verspätung: sie hatten mich vergessen und waren schon ausserhalb von Antigua als sie feststellten, dass ich fehlte. Sie drehten um und holten mich. Es konnte also losgehen. 

Da wir eine Verspätung von mehr als einer Dreiviertelstunde hatten, trat unser Fahrer richtig aufs Gas. Er wollte es rechtzeitig an die Grenze schaffen, bevor es zu voll sein würde. Als wir uns dem Grenzübergang zu El Salvador näherten, warteten aus schon etliche Lastwagen, um passieren zu können. In sehr riskanten Überholmanövern schlengelte sich der Fahrer an alles vorbei und hielt zuvorderst vor dem Schalterhäuschen. Wir stiegen aus und holten uns unsere Ausreisestempel aus Guatemala. Danach ging es hinein nach El Salvador. Hier war es etwas komisch. Mitten an der Strasse standen zwei Beamte in Uniform. Ohne das Fahrzeug verlassen zu müssen, zeigten wir ihnen unsere Pässe. Sie kontrollierten den Stempel und liessen uns weiterfahren. 

Nachdem wir an einer Tankstelle in El Salvador eine Pause einlegten, wurde es etwas skurril. Erst hielten wir in El Tunco an und liessen ein paar Leute aussteigen. Danach hielten wir mitten im Nirgendwo, wo bereits ein Van wartete, der in die Gegenrichtung fuhr. Es stiegen ein paar Leute zu uns um. Wir fuhren ein Stück weiter, wo wieder ein Auto wartete. Dort wurden dann ebenfalls Personen und Gepäckstücke umgeladen. Es ging weiter zur Grenze zu Honduras. Hier sammelte einer der Fahrer unsere Pässe und das Geld für die Gebühren ein. Bei dem Grenzübergang zwischen El Salvador und Honduras mussten wir noch nicht einmal den Van verlassen. Der Fahrer ging mit unseren Pässen zu den jeweiligen Schaltern und kam nach wenigen Minuten wieder. Die Fahrt durch Honduras ging sehr schnell, da es nur eine kurze Strecke war. 

An der Grenze zu Nicaragua ging es dann etwas länger. Obwohl der Fahrer sich wieder um unsere Stempel kümmerte, dauerte die ganze Sache rund eine Stunde. Wir stiegen aus und kauften uns Getränke und Snacks, danach hiess es einfach warten. Was genau so lange dauerte, blieb uns ein Rätsel. Schliesslich waren es nur sieben ausländische Pässe, die gestempelt werden mussten. Und dazu wollten sie weder unsere Gesichter noch unsere Pässe sehen. Als der Schalterbeamte endlich soweit war, konnten wir unsere Pässe wiederhaben und die Fahrt ging weiter. Endlich waren wir in Nicaragua, aber noch lange nicht in León. Das erreichten wir als die Sonne bereits untergegangen war. Knapp 16 Stunden hatten wir gebraucht.


Willkommen in León, willkommen im Poco a Poco Hostel


Wir waren endlich da! Und das Tolle war, dass das englische Pärchen aus dem Shuttle das gleiche Hostel wie ich gebucht hatte. Somit machten wir uns gemeinsam auf den Weg und kamen nach wenigen Minuten im Poco a Poco Hostel an. Wer hätte da gedacht, wie lange ich dort bleiben würde.






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen